Mahinder Singh Pujji

Aus Indien, 1918 geboren. Pilot und Leiter einer Schwadron der britischen Royal Airforce 1940-1945. Fotografiert 2002.

Mahinder Singh Pujji liebt die Fliegerei, er ist Pilot bei der Ölgesellschaft Shell in Indien. Es ist August 1940.

Er ist 22 Jahre alt und möchte die Welt sehen, die Abenteuerlust drängt. Er überlegt nicht lange und beantwortet eine Annonce, in der nach Piloten für die britische Luftabwehr gesucht wird, der Royal Airforce. Zu jener Zeit sind Indien und England ein und dasselbe Land für den jungen Inder. Pujji erhält den Zuschlag.

Er wird als einer von 24 indischen Piloten, die ihre Kolonialmacht Großbritannien von der Luft aus verteidigen sollen, ausgewählt. Er ist einer der 2,5 Millionen indischen Männer, die ihr Zuhause verlassen, um ihr Vaterland während des zweiten Weltkrieges zu beschützen.

Pujjis Sold verdoppelt sich mit der Einstellungssignatur und er begibt sich in die 1. Klasse an Bord des Schiffes nach London. Für die RAF zu fliegen bedeutet Status, wie Pujji bald feststellt. Er wird von seinen britischen Freunden mit großem Respekt behandelt. Er bekommt VIP-Behandlung, gratis Kino und Zuckerrationen – kleine Kostbarkeiten in Kriegszeiten.

Er erhält Training im Fliegen der Jagdflugzeuge Hurricane und Spitfire. Und er wird als einer von acht indischen Piloten ausgewählt um im Kampf fliegen zu dürfen. Bald schon ist er stationiert in der Schwadron Nr. 258, in der Nähe von Croydon im südlichen London. Das Einzige was ihn von den britischen Piloten unterscheidet, ist ein Turban. Pujji besteht darauf seinen Turban zu tragen während er fliegt. Er betrachtet sich selbst als einen religiösen Mann. Ein speziell angefertigter Riemen hält die Kopfhörer am Platz.

Ein extra Turban ist im Gepäck. Einer der e rsten Aufträge für Pujji ist, Bomben über den besetzten Gebieten Frankreichs abzuwerfen. Es knallt um ihn herum, es erinnert an Feuerwerk, einige Sekunden reut er sich, dann versteht er, dass er von der deutschen Luftwaffe beschossen wird. Er ist alleine in der Luft, er befindet sich im Krieg. Pujji manövriert seinen Hurricane so geschickt, dass es den Deutschen nicht möglich ist, ihr Ziel zu treffen.

Pujji entkommt, er erinnert sich, dass er keine Angst hatte. "Vielleicht bin ich eine Ausnahme, aber ich empfand es als sehr spannend“, sagt er. Aber viele Kameraden in seinem Schwadron fallen. Jeden Abend fehlen zwei oder drei Männer, wenn sie sich zu Tisch setzen. Pujji ist mehrmals nahe daran, einer dieser Umgekommenen zu sein. Eines Tages wird er wieder beschossen und hart getroffen. Sein Jagdflugzeug ist beinahe ein Wrack, er stürzt ab, hinab zum englischen Kanal.

Der Bescheid über Funk lautet: Am Besten ist es, auf dem Wasser notzulanden. Aber Pilot Pujji hat ein Problem: er kann nicht schwimmen. Deshalb befolgt er den Befehl nicht, er fliegt, fliegt, fliegt, reißt das Flugzeug wieder in die Höhe. Dann sieht er die weißen Klippen von Dover. In diesem Augenblick denkt er: "Ich schaffe es!“.

Das Nächste was er hört sind Rufe: "Er lebt!, Er lebt!“. Pujji kann nichts sehen. Das lange Stoffstück seines Turbans hat sich um seinen Kopf gewickelt. Es ist voller Blut, es hat ihn gerettet, davon ist Pujji überzeugt. Er kommt ins Lazarett, aber 7 Tage später ist er schon wieder in der Luft.

Im Laufe der weiteren Kriegsjahre erhält Pujji hunderte von Aufträgen als Major in der britischen Luftwaffe.

Er spielt Katz ́und Maus mit japanischen Kampffliegern, er wird in die nordafrikanische Wüste beordert, an die afghanische Grenze, zu den härtesten Kämpfen nach Burma. Er spürt eine verschollene Gruppe von dreihundert amerikanischen Soldaten auf, und rettet sie. Pujji leitet seine Schwadron ganz, bis Kriegsende.

Er ist einer der ganz wenigen asiatischen Piloten, die nach dem Krieg mit der hohen Auszeichnung "Distinguished Flying Cross“ geehrt wird. Und er setzt die Fliegerei fort. Er nimmt an Wettfliegen über Indien teil, er gewinnt Segelflugwettbewerbe, er fliegt mit Indiens 1. Staats- minister, Nehru.

1974 schließt er seine Laufbahn ab, und er zieht nach Kent in England. Das soll sein Verhältnis zu zwei Dingen ändern: das zu seinem Turban, und das zu seinem alten Vaterland. Er nimmt den Turban ab, weil er ihm im Weg ist, er sieht jetzt anders auf seine Religion. Der Enthusiasmus für sein altes Vaterland verbleicht im Laufe der Jahre, es ist nicht mehr was es war.

Der Respekt seiner britischen Freunde ist verschwunden. "Das ist nicht mehr das England das ich kannte, aber vielleicht wird man sich an uns erinnern, und an das was wir geleistet haben, wenn ich meine Geschichte erzähle.“