George Blackman

Von Barbados, 1897 geboren. Soldat, kämpfte im 1. Weltkrieg (1914-1919) für das britische westindische Regiment. Fotografiert 2002.

"Run Kaiser William, run for your life boy" Georg Black- man summt Nostalgie, schaukelt auf seinem Stuhl mit geschlossenen Augen. Er hält die Augen für den Rest des Gespräches mit dem britischen Journalisten Simon Rogers geschlossen. Blackman ist teilweise Blind und fast taub. Aber erzählen kann er: Vom Jahr 1914, als er sich anwerben ließ , um für seine Kolonialmacht Großbritannien zu kämpfen, von den Liedern, die sie sangen, um ihren Humor aufrecht zu halten. Auch davon, dass seine Kameraden ihn "Neger" nennen, obwohl er doch an ihrer Seite kämpfte.

Georg Blackman wurde 106 Jahre alt. Er war höchst- wahrscheinlich Barbados ältester Überlebender der 15 000 Siedler, die die sonnenreiche Karibik verließen und in das französische Sumpfgebiet Flandern und Somme zogen, um ihren britischen König und das Vaterland im 1. Weltkrieg zu beschützen. Er starb vor drei Jahren.

1914 machte der 17 jährige Blackman sich um ein Jahr älter als er war, um für Großbritannien kämpfen zu dürfen.

Enthusiasmus und Patriotismus, das britische Reich zu beschützen, waren groß. Die Reise nach Europa war voller Gefahren, schon da starben viele der karibischen Soldaten an Kälte als ihr Truppentransportschiff nach Halifax in Kanada umdirigiert wurde. In dünner Sommerkleidung erfrieren sie in der ungewohnt starken Kälte. Niemand machte sich die Mühe, den reisenden Soldaten die Winteruniform auszuhändigen.

Aber die Bedingungen sollten noch härter und die Enttäuschungen noch größer werden für diese Soldaten, die so bereit waren das Land zu beschützen, das sie als ihres ansahen, die so eifrig waren, ihrem König im Kampf zu dienen. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Man ließ die weißen Soldaten kämpfen, während die Kolonie-Soldaten beordert wurden Arbeiten auszuführen wie: Munition aufladen, Telefonleitungen legen oder Schützengräben ausheben.

Die Leitung lag noch ganz in den Händen der Weißen und diese waren der Ansicht das die Schwarzen nicht Seite an Seite mit den eigenen Soldaten stehen sollten.

Die dramatischen Verluste an Soldaten machten es nach und nach unumgänglich, die westindischen Truppen im Kampf einzusetzen. Diese wurden sozusagen sich selbst überlassen. Sie kämpften mit Messern, die sie aus ihrem Heimatland mitgebracht hatten.

Georg Blackman war einer derjenigen die in einen Nahkampf gerieten. Er erinnerte sich besonders eines Kampfes den er im Schützengraben ausfocht.

Es war ein Kampf Mann gegen Mann – und er war nur mit einem Bajonett bewaffnet."Das braucht starke Nerven. Der Feind kommt auf dich zu, du tust das gleiche. Ist er tot, so ist er tot. Lebt er, so lebt er", erzählte Blackman. Und Blackman überlebte.

Aber noch härter war es, alle seine verbündeten Mit- soldaten überleben zu müssen. Blackman wurde nach Taranto in Italien geschickt, wo eine der größten Revolten sich abspielte. Die Karibischen Soldaten wurden abermals zum Laden von Munition, zum reinigen der Latrinen oder zum waschen der Kleidung aller alliierten Mitsoldaten beordert.

Die Moral hatte den Tiefpunkt erreicht. Der Stolz darauf sein Land zu verteidigen war längst verschwunden. Als jedoch die weißen Soldaten eine Solderhöhung erhalten, nicht aber die aus der Karibik kommenden, löst das eine enorme Reaktion aus.

Ein lang unterdrücktes Gefühl der Ungerechtigkeit brachte die schwarzen Männer zur Raserei. Es führte zum Krieg innerhalb der Truppen. Aufruhr innerhalb der nun gespaltenen vereinigten Streitkräfte.

Mehrere britische Offiziere wurden getötet. Die Aufrührer bekamen ihre Strafe. Mehrere der schwarzen Soldaten wurden zu
langen Gefängnisstrafen verurteilt. Aber die größte Strafe war folgende: Die alliierten Soldaten marschierten in nicht enden wollenden Siegesparaden, um den gewonnenen Krieg zu feiern. Aber nicht ein einziger schwarzer Mann war zu sehen. "Es gibt keine Paraden für uns" sagt Blackmann.

Für sie hatte man keine Parade übrig. Stattdessen wurden die westindischen Truppen rasch in ihre Heimatländer zurück transportiert, mit bewaffneten Kräften als einziger Reisebegleitung.

Keine Anerkennung ihrer Gruppe als wichtigem Beistand mit einmaliger Beschützerrolle für die Verbündeten.

Georg Blackman öffnet die Augen. Sie sind beinahe durchsichtig blau. Er hat den Verrat nicht vergessen, den er so stark empfand vor nunmehr über 80 Jahren.

"England geht mich nichts mehr an. Nun bestimmen wir Bewohner von Barbados über unser Land“.